Bericht des 5. Panafrikanismus Kongress München 2015

Ort:    Schwere-Reiter-Str.15, 80637 München

Datum: 10. & 11. Oktober 2015

Teilnehmerzahl: Über 300

Von Hamado Dipama

Zum fünften mal hat der Panafrikanismus Kongress in München, durch intensive Vorbereitung des Orgateams und tatkräftiger Unterstützung der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), mit Erfolg stattgefunden.
Für diese zwei Tage haben sich über 300 Afrika-Interessierte und engagierte Menschen aus unterschiedlichen Städten, Ländern und Kontinenten in einer schwesterlichen/brüderlichen Atmosphäre zusammengefunden, um sich mit den angekündigten, brennenden Themen, angesichts der UN Dekade für Menschen Afrikanischer Herkunft, auseinanderzusetzen.
Begrüßungsworte
Für das Organisationskomitee übernahm Hamado Dipama die Begrüßung der Kongress-Teilnehmer*innen und erklärt die Beweggründe der Kongress-Themen. Zum Thema Flüchtlingsdramen, begrüßt er die steigende Bereitschaft der ehrenamtlichen Helfer*innen, kritisiert aber gleichzeitig die Ungleichbehandlung bzw. die  Aufspaltung der Geflüchteten Menschen  in "die Guten" die mit „Welcome Refugees“ empfangen werden und die Unerwünschten die entweder mit allen Mitteln gestoppt oder in Abschiebelager gesteckt und schnellstmöglich deportiert werden sollen. Zum Schluss bedankt er sich bei den Förderern und Kooperationspartnern und erklärt den Kongress für eröffnet.
Die Moderatorinnen Frau Obenewa Anponsah und Millicent Adjei übernehmen ihre anspruchvolle Aufgabe und bitten Herrn Stadtrat Cetin Oraner für das Grußwort der Stadt München auf die Bühne.
Herr Oraner weist auf die Wichtigkeit des Kongresses hin und verurteilte u.a. aufs schärfste die unmenschliche Flüchtlingspolitik der EU, Deutschlands und Bayerns und beendete seine Rede mit einem Appell für ein solidarisches Miteinander.
Als nächste hielt Frau Nükhet Kivran, Vorsitzende des Ausländerbeirat der LH München, ihr Begrüßungswort. „Der Arbeitskreis Panafrikanismus leistet einen wichtigen Beitrag für ein gutes Miteinander in dieser Gesellschaft, deswegen unterstützt der Ausländerbeirat als Kooperationspartner schon immer auch finanziell den Panafrikanismus Kongress“ so Frau Kivran. Sie kritisiert die noch bestehenden Kolonialstraßennamen in München und kündigt an, dass der AB in dieser Angelegenheit aktiv bleiben wird. Frau Kivran zeigt sich besorgt über die Situation der geflüchteten Menschen und beendet ihre Rede mit folgendem Satz: „Ich bin trotzdem froh, dass es in diesem Land, nicht nur Rassisten gibt, sondern viele hilfsbereite Menschen die die Geflüchteten willkommen heißen“.
Die letzten Begrüßungsworte hielt eine, von den Kongressteilnehmer*innen sehr geschätzte Persönlichkeit, nämlich die Schirmherrin des Arbeitskreis Panafrikanismus München, Frau Madame Mariam Sankara. Die Witwe des Idols der Jugendlichen Afrikas und des ehemaligen, ermordeten Präsidenten von Burkina Faso, Thomas Sankara, unterstreicht die Wichtigkeit der Arbeit des Arbeitskreis Panafrikanismus und bezeichnet die Panafrikanismus Kongresse als Bildung aus erster Hand und als wichtige Plattform für die Vernetzung und den Zusammenhalt der afrikanischen Länder. Sie begrüßt die anwesende Vertretung der Bewegung in Burkina Faso (Sams´K le Jah & Smockey), welche die positive Veränderung in Burkina Faso herbeigeführt haben.
Hommage an Dr. Maya Angelou & Dr. Cheikh Anta Diop
Um in den Kongressinhalt einzusteigen wurden Dokumentarfilme über die, dem Kongress gewidmeten Persönlichkeiten, gezeigt: Dr. Cheikh Anta Diop (* 29.12.1923 -† 07.02.1986). Ein panafrikanischer Forscher und der bekannteste Ägyptologe des afrikanischen Kontinents und Dr. Maya Angelou (* 04.04.1928 - † 28.05.2014). Eine afro-amerikanische Schriftstellerin, Professorin und eine wichtige Persönlichkeit der Bürgerrechtsbewegung der Afro-Amerikaner*innen in den USA.
Darauf folgte die Hommage an Dr. Maya Angelou von Frau Modupe Laja, Mathilda Legitimus- Schleicher und Marianne Ballé. Durch einen Vortrag und Gedichte über Dr. Maya Angelou und nicht zuletzt die bewegende, spirituelle afrikanische „Liberation“ wurde Maya Angelou, bzw.  Frauen im allgemeinen, geehrt.
Wissenschaften und Forschungen aus afrikanischer Sicht
Die Moderatorinnen bitten anschließend die begabte Rednerin Frau Affiong L. Affiong auf die Bühne. Ihr Vortragsthema ist die fehlende universale Wahrnehmung Afrikas und Schwarzer Menschen in der Welt der Wissenschaften und Forschungen. Frau Frau Affiong nennt zahlreiche Beispiele von Beiträgen Schwarzer Menschen, welche systematisch nicht wahrgenommen oder vertuscht werden. Vor einem begeisterten Publikum sagt Frau Affiong zum Schluss: „ Der Kolonialismus des Wissens und des Schulsystems müssen dringend beendet werden“.
Als nächster Redner, erklärte Prof. Dr. Mubabinge Bilolo die Werke von Cheick Anta Diop als Epistemologischen Bruch der Verfälschung der Geschichte. Er würdigte die Anwesenheit der Witwe Sankaras, ebenso wie die Anwesenheit von Prof. Theophile Obenga , da dieser fast der einzige noch lebende Akteur ist, der gemeinsam mit Dr. Cheikh Anta Diop zum Bruch des Wissens-Monopols beigetragen hat. Er kündigt Prof. Obenga an.
Prof. Obenga würdigt die einheitliche Atmosphäre des Kongress und führt eine Synthese (positiv und negativ) der Post-Kolonialen Ereignisse Afrikas mit Hinblick auf die heutige Situation durch. Er zeigt auf wo Defiziten bestehen und es Verbesserungsbedarf gibt. Prof. Obenga führte die Kongress-Teilnehmer*innen in eine geschichtliche Zeitreise der Ägyptologie.
Unter anderem mit folgenden Themen:
-Die unterschiedlichen Sichtweisen der Historiker über die alten Ägypter und Pharaonen.
-Die Verfälschung der Geschichte, die 1844 durch eine These eines Deutschen Gelehrten, Theodor Benfey begann.
- Information darüber wie die internationale, ägyptologische Konferenz der UNESCO in Kairo gelaufen ist. Die Konferenz in welcher die Geschichtsverfälschung durch Recherchen und Belege von Dr. Cheikh Anta Diop korrigiert wurde.
-Das der Name Ägypten keine Selbstbezeichnung der Ägypter bzw. der Pharaonen ist, sondern aus der Griechischen Sprache stammt.
Dies bekräftigt den Charakter des Kongresses als Wissensvermittlung aus erster Hand!
Wir befanden uns noch im Bereich der Wissenschaft und Forschung als Dr. Natasha L. Kelly auf das Podium gerufen wurde. Dr. Kelly stellt fest, dass im deutschen Schulsystem, koloniale und rassistische Bilder und Blickwinkel in die Gegenwart transportiert werden. “Afrikanisches Wissen oder Afro-Kultur werden durch eine eurozentrische Haltung nicht als solche wahrgenommen“ so Dr. Kelly. Sie zitiert May Ayim, die durch ihre Gedichte, Erzählungen und Schreiben die Afro-Kultur klar als bedeutendes afrikanisches Wissen belegt.

Burkina Faso, eine Revolution mit weltpolitischer Bedeutung
Zum Thema „Burkina Faso, eine Revolution mit weltpolitischer Bedeutung“ rufen die Moderatorinnen, Prof. Aziz Fall an das Rednerpult.
Prof Fall nennt Burkina Faso als Beispiel für die Völker die für ihre Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen. Er kritisiert die Tatsache, dass das „Africom“, eine kolonialistische Militär Basis, hier in Deutschland (Stuttgart) basiert ist.
Es folgen auf dem Podium die zwei Protagonisten der Revolution Burkina Fasos, Sams´K le Jah und Smockey. In einen Panel moderiert von Irène Hochauer-Kpoda, Sprecherin des Wiener Institutes für internationalen Dialog und Zusammenarbeit, haben die zwei Aktivisten und Künstler gezeigt wie Musik als Instrument genutzt werden kann um eine positive Veränderung zu bewirken. Sie berichten über die Ereignisse des Militär Putsches im September 2015 und wie es zum scheitern des Putsches kam . Sie zeigten auf, wie es gelang, durch eine starke Organisation der Zivilgesellschaft, eine repressive Diktatur und deren repressive Armee, zu besiegen.                Darauf folgte eine intensive Diskussion mit dem Publikum über u.a. die Möglichkeiten diese Erfahrung an andere unterdrückte Völker weiterzugeben.
Anschließend fand ein großartiges Konzert der beiden Aktivisten und Künstler aus Burkina Faso statt.
SOS! Versklavung afrikanischer Menschen in der Gegenwart (z.B.Mauretanien)
Am zweiten Tag des Kongresses, berichtete Abidine Merzough, ein in Berlin lebender Mauretanier, über die prekäre Situation der Mehrheit in Mauretanien lebenden Schwarzen, sowie die Verhaftung und die aktuelle Haftsituation von Anti-Sklaverei-Aktivist Biram Dah Abeid. Es folgte ein intensives Publikumsgespräch mit Herr Merzough in Folge dessen eine Resolution für die Freilassung Birams und das Ende der Sklaverei in Mauretanien verabschiedet wurde.
Rückblick: Oktober 1945, 5ter Panafrikanismus Kongress in Manchester / Oktober 2015, 70 Jahre später, Kontinuität der Panafrikanismus Bewegung
Ebenfalls wurde an den 70. Jahrestag des 5te Panafrikanismus Kongresses in Manchester erinnert. Am 15.Oktober  widmete sich der 5. Panafrikanismus Kongress in Manchester der Situation des afrikanischen Kontinents und der Menschen afrikanischer Herkunft in der Diaspora. Die darauffolgende Dekolonisation Afrikas, welche Ende der 50er, Anfang der 60 Jahre stattfand, wurde durch die Ergebnisse dieses Kongresses geprägt.
Der Kongress prangerte Imperialismus und Kapitalismus an und forderte Rassismus zu einem Verbrechen zu erklären.
Einige Teilnehmer des Kongresses wurden später führende Staatsmänner in Afrika: Hastings Kamuzu Banda (Malawi), Kwame Nkrumah (Ghana), Obafemi Awolowo (Nigeria) und Jomo Kenyatta (Kenya).
70 Jahre später wird nun zum fünften Mal in München der alle zwei Jahre stattfindende Panafrikanismus Kongress abgehalten.
Es wurde der Historiker Dr. Hakim Adi aus UK auf das Podium gebeten. Prof. Hakim berichtete mit zahlreichen Dokumentationen ausführlich über den 5ten Panafrikanismus Kongress in Manchester. Er sagte wie wichtig es ist, den Panafrikanismus Kongress auch zukünftig durchzuführen. „Die jetzige Situation der Länder Afrikas und seine Diaspora zeigen wie wichtig es ist sich nach wie vor zu vernetzen und zu organisieren.
Flüchtlingsdramen: Die Verantwortungen und Herausforderungen!
Danach kam der Einstieg in eines der aktuellsten Themen des Kongresses: Die Flüchtlingsdramen und die Möglichkeiten für eine humane Flüchtlings- und Migrationspolitik. An diese Stelle bedanken wir uns beim Stiftung Do für die großartige Unterstützung. In einem kurzen Statement erklärte Frau Halima Hosch aus England, ihre Betroffenheit über die Situation der Geflüchteten Menschen und wies daraufhin, das insbesondere die Situation der aus Afrika stammenden Geflüchteten derzeit keine Beachtung findet.
Der erfahrene Journalist Francis Kpatindé, der fast alle Länder Afrikas und ihre politische Situation kennt, folgte auf dem Rednerpult und stellte bedauernd fest, dass die dramatische Situation der Geflüchteten aus Afrika nicht wie die der Geflüchteten der Balkan-Route ernst genommen werden. Er stellt aber klar, dass die Wahrnehmung dieser dramatischen Situation, der Geflüchteten des Mittelmeeres, nicht nur seitens der Europa-Politik, sondern auch seitens der Politik der afrikanischen Länder sowie der Afrikanischen Union und das ECOWAS (das Westafrikanische Gemeinschaft) fehlt. „Dies ist nicht anders als verantwortungslos zu bezeichnen, dass sich die Politiker Afrikas weigern die dramatische Situation der Geflüchteten als nationale Angelegenheit zu betrachten“, so Herr Kpatinde. Als Journalist hat er im September, kurz vor dem Kongress, die AU und vor allem die ECOWAS um eine Stellungnahme zu der Situation der Geflüchteten gebeten und verliest eine schockierende Antwort der Sprecherin der ECOWAS, welche keine Handlungsmöglichkeit bezüglich der Problematik sieht.
Zum Schluss folgt die prominente Schriftstellerin Fatou Diome aus Frankreich.
Frau Diome unterstreicht, dass die Flüchtlingsdramen eine Folge der Europäischen Eugemonie, aber auch durch fehlende Verantwortung Afrikas, entstanden ist.
„Europäer genießen Bewegungsfreiheit. Alle meine französischen Freunde in Frankreich dürfen überall nach Afrika reisen, aber umgekehrt ist dies für meine afrikanischen Freunde aus dem Senegal unmöglich, dies muss eine Ende haben“ so Fatou Diome. Sie appelliert für einen Perspektivenwechsel der Beziehung Afrikas und Europas, in der sich derzeit der eine als Helfer und Geber darstellt und der andere als Nehmer und Hilfebedürftiger. Sie beendet ihre Rede mit Vorschlägen für die Verbesserung der Lebenssituation der Menschen (insbesondere der Jugend Afrikas)  welche die Problematik der Flucht und Migration regeln könnte. Die Redner*innen dieses Blockes haben gemeinsam mit Frau Sadja Kleppo von Hilfe von Mensch zu Mensch in einem von Herr Ibrahim Maiga (Arbeitskreis Panafrikanismus München) moderierten Podiumsgespräch, folgende Forderungen gestellt, u.a.:
-Schluss mit der selektiven Flüchtlingspolitik
-Akzeptanz statt Wortspiele wie z.B. Willkommens-Kultur
-Ein Ende des Schweigens der Afrikanischen Union und ECOWAS. Diese sollen endlich zu ihrer Verantwortung stehen.

Nach jedem Themen-Block konnten die Teilnehmer*innen mit den Gastredner*innen ins Gespräch kommen. Das Musikprogramm von Mori Dioubate und der Gruppe Lanandi der Togoer Frauen-Gruppe sowie die Ausstellungen zu Maya Angelou und Cheikh Anta Diop, rundeten die gute Atmosphäre des Kongress ab.

Vielen Dank an das Kulturreferat der LH für die Förderung

Vielen Dank an Frau Mariam Sankara und Oberbürgermeister Dieter Reiter für das Schirmherrschaft

Vielen Dank an die Kooperationspartner:
Ausländerbeirat der Landeshauptstadt München
Steve Biko Foundation, Südafrika
Petra Kelly Stiftung
Katholischer Fonds
Brot für die Welt -Evangelischer Entwicklungsdienst
Kurt Eisner Verein-Rosa-Luxemburg-Stiftung
Netzwerk München
Hilfe von Mensch zu Mensch e.V.
Reisebüro Sacco
Stiftung Do
AfricAvenir

Mit freundlichen Unterstützung von:
Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in Deutschland e.V. | Initiativ-Gruppe Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V. München | Pan-African Women's Organisation - PAWLO e.V. | Bayerischer Flüchtlingsrat | LoNam-Magazin | Afrika Kulturprojekte e.V. Frankfurt | Stoffwechsel e.V. Karlsruhe, ENPAD European Network for People of African Descent | Association des Ressortissants Burkinabè au NRW - ARB-NRW | Buùd Yaam, Schweiz Afrikanischer Ältestenrat München e.V. | Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD e.V.

Vielen Dank an alle Mitwirkende:
Thea Kulla, Marianne Ballé, Rita Nnavvuga, Christina Eder, Patricia Müller, Hoang Dang Vu, Barbara Hartmann, Claudia Walter, Manga Ndiagne, Uche Akpulu, Badara Diop, Modupe Laja, Mathilda Legitimus-Schleicher, Ibrahima Camara, David Adu Boahene, Jean Bap

Zurück