Offener Brief
An das
z.H. Dr. Hans-Peter Friedrich
z.H. Marion Eckertz-Höfer
04107 Leipzig
Herr Ralf Geis
56068 Koblenz
Offener Brief
Das Koblenzer Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Kontrolle von Personen nach dem „äußeren Erscheinungsbild“ als rechtmäßige Praxis erklärt und auf diese Weise „Racial Profiling“, deren Existenz in Deutschland bisher stets geleugnet wurde, nunmehr gerichtlich bestätigt. Dem Kläger, der sich im Zug ohne ersichtlichen Grund im Rahmen einer „verdachtsunabhängigen“ Kontrolle bei der Bundespolizei hatte ausweisen müssen, wurde in dem folgenden Urteil nicht stattgegeben sondern Hautfarbe als Anlass für eine Kontrolle akzeptiert.
Das Urteil bietet eine juristische Basis für institutionellen Rassismus durch Behörden, Institutionen und Richtersprüchen, da sich auf dieses Urteil in Zukunft immer wieder bezogen werden kann. Eine ohne objektive Begründung erfolgende polizeiliche Berücksichtigung von Merkmalen wie Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale und ethnische Herkunft im Rahmen von Kontrollen, Überwachungen und Ermittlungen durch die Polizei zur Profilbildung ist per se diskriminierend.
Die Praxis des Racial Profiling widerspricht nicht nur dem AGG Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sondern den Antirassismus-Konventionen. Diese verpflichtet die Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland, mit allen geeigneten Mitteln eine Politik der Beseitigung jeder Form von Rassismus zu verfolgen. Sowohl das Komitee der Vereinten Nationen zur Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) als auch die EU-Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) haben eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Racial Profiling gegen das internationale Diskriminierungsverbot verstößt.
Wir verurteilen diesen richterlichen Spruch aufs Schärfste, weil er trotz verfassungsrechtlich verankerter Menschenrechte in Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes Rassismus legitimiert und ein Freischein für ungehinderte rassistische Kontrollen durch deutsche Polizei bedeutet.
Der Arbeitskreis Panafrikanismus fordert eine Revision des Urteils in zweiter Instanz.
Die Landesregierung muss die Antidiskriminierungsgesetzgebung dahingehend ergänzen, dass Personenprofilermittlungen im Stile des Racial Profiling verboten sind.
Die systemische Überprüfung, Dokumentierung und Evaluierung von polizeilichen Kontrollen muss eingeführt werden, um polizeiliche Willkür zu verhindern.
Weiterhin fordern wir das Bundesinnenministerium auf, für Schulungen von Polizeiangehörigen in den Bereichen Antidiskriminierung und die Umsetzung des Konzepts der Vielfalt (Diversity) bei der Polizei zu sorgen. Um den sozialen Frieden zu sichern, ist es wichtig, dass sich die vielfältige Zusammensetzung Deutschlands als Einwanderungsland entsprechend ihren Bevölkerungsanteilen auch in der Polizei widerspiegelt.
Arbeitskreis Panafrikanismus München e.V.